Verpackungen in allen Variationen sind aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. So ist es selbstverständlich, dass fast jedes zu kaufende Produkt verpackt ist. Die Materialien, aus denen die Verpackung bestehen, werden oftmals wenig kritisch betrachtet. Es ist aber davon auszugehen, dass immer Inhaltsstoffe aus der Verpackung in das verpackte Produkt übertreten. Für Glas ist seit vielen Jahrzehnten dieser Vorgang für Alkalien und Erdalkalien nachgewiesen. Um dies quantitativ zu fassen, wurden Analysenvorschriften zur Ermittlung der „Hydrolytischen Klasse von Glas“ erarbeitet. Absorbiert zum Beispiel Mineralwasser Natrium- und Kalium-Ionen aus der Glasflasche, ist dieser Vorgang vollkommen ungefährlich und geschmacksneutral.
Gläser als Primärverpackung von pharmazeutischen Produkten unterliegen höheren Anforderungen und werden entsprechend dem Europäischen Arzneibuch nach der hydrolytischen Klasse eingeteilt.
Die Vorschrift “EUROPEAN PHARMACOPOEIA 3.2.1. Glass Containers for pharmaceutical use” legt die Anforderungen für medizinische Glasbehältnisse fest und definiert dessen Eigenschaften. Ein Prüfkriterium ist die Bestimmung der hydrolytischen Klasse nach „DIN ISO 719“. Dazu ist Glaspulver mit einer Korngröße zwischen 315 µm und 500 µm bei der Herstellung des Eluats einzusetzen. In dieser DIN sind die Schritte der Probenvorbereitung per Hand beschrieben und der Einsatz einer Mühle ausdrücklich gestattet. Allerdings gibt es zum Einsatz einer Mühle keine weiteren Präzisierungen.
Eine Probenvorbereitung per Hand birgt immer die Gefahr des subjektiven Einflusses durch die Person. Zudem ist dieser Prozessschritt sehr arbeitsaufwendig. Deshalb wurde eine Mühle gesucht, die dünnwandige Glasampullen zu Glaspulver der geforderten Fraktion zerkleinert. Der Handzerkleinerung nachempfunden wurde die Mühle mit einem möglichst geringen Energieeintrag ausgewählt. Dies war die Mörsermühle PULVERISETTE 2. Auch die bei der Handzerkleinerung notwendige Siebung sollte eingespart werden.
Die Auswertung der ersten Versuche zeigte, dass die Vorgabe zu dem geforderten engen Kornband nicht in einem Arbeitsschritt erreichbar ist. Es muss zwangsläufig gesiebt werden. Der Stahlabrieb der Mahlgarnitur führte außerdem zu einer Färbung der Probe. Zur Vermeidung dieses Abriebs wurden die weiteren Versuche parallel mit einer Garnitur aus Achat durchgeführt.
Bei jeder Mahlung wird Material von den Mahlwerkzeugen in das Produkt eingetragen. Bei der Zerkleinerung von Hand werden Stahlwerkzeuge verwendet. Es gibt den Hinweis, das Eisen mittels Permanentmagnet entfernt werden soll. Nun gelangen bei Einsatz der Mühle mit einer Mahlgarnitur aus Stahl mikroskopische kleine Partikel von Eisen und den Begleitelementen auf die Oberfläche der Glaspartikel und verbleiben aufgrund von Physisorption dort. Deshalb können diese nicht mit einem Magneten entfernt werden.
Ein Einfluss auf die nachfolgende Analyse ist aber nicht auszuschließen.
Für alle Komponenten der FRITSCH Mühlen sind die verwendeten Materialien und deren genaue chemische Zusammensetzung dokumentiert. Diese Datenbank ist auch über das Internet abrufbar.
Optisch besonders auffällig war der Farbunterschied bei der Siebfraktion < 250 µm, die nicht für die Analyse benötigt wurde. Folgendes Bild verdeutlicht den Unterschied zwischen der mit der Achat-Garnitur (links) und der mit der Stahl-Garnitur (rechts) zerkleinerten Probe.
Die Fa. Zentrum für Glas & Umweltanalytik GmbH hat unabhängig von FRITSCH die beiden Proben analysiert.
Material der Mahlgarnitur | Eisenoxid | Chromoxid | Manganoxid |
rostfreier Stahl | 102 | 29 | 6 |
Achat | 26 | 1 | 1 |
Der um 76 ppm erhöhte Wert für Eisenoxid der verfärbten Probe überrascht, da die Mörsermühle eine sehr schonende Form der Zerkleinerung ist und zudem die Verweilzeit in der Mühle sehr kurz war.
Jeweils eine Glasampulle wurde in der Mörserschale mit dem Pistill per Hand zerdrückt und dann eine Minute zerkleinert. Die Fraktion 315 bis 500 µm wurde ausgesiebt. Mehrere Aufbereitungszyklen sind notwendig die erforderliche Menge zu erzeugen. Die Fraktion > 500 µm wurde gesammelt und nochmals eine Minute gemahlen. Auf diese Weise wurde Glaspulver der geforderten Fraktion für die Bestimmung der Hydrolytischen Klasse nach DIN ISO 719 unter Verwendung einer Mühle erzeugt. Vergleichende Untersuchungen unterschiedlich zerkleinerter Proben wurden nicht durchgeführt.
Die hydrolytische Klasse des Glases quantifiziert die extrahierbaren basischen Anteile. Es werden 2 g der beschriebenen Kornfraktion eingewogen, 60 Minuten in 50 ml de-ionisiertem Wasser bei 98 o C gekocht und dann mit 0,1 M HCl bis zum Neutralpunkt titriert. Aus dem Verbrauch an HCl in ml ergibt sich entsprechend ISO 719 (DIN 12111) die hydrolytische Klasse.