Ein oft vernachlässigter Schritt bei der Probenanalyse ist die Probennahme (Abbildung 1). Die Relevanz einer korrekt durchgeführten (repräsentativen) Probennahme orientiert sich dabei an den Grundsätzen guter Laborpraxis (GLP) sowie internationalen Standards, wie beispielsweise der DIN EN ISO/IEC 17025 (Standard für Laborakkreditierung im Bereich Prüfen und Kalibrieren). Denn was nützt eine in sich korrekt durchgeführte Messung, wenn die Stichprobe selbst nicht repräsentativ hinsichtlich ihrer Grundgesamtheit ist und somit die Reliabilität nicht gewährleistet werden könnte. Gerade bei der Bestimmung von Partikelgrößenverteilungen, bspw. mit Hilfe statischer Lichtstreuung, ist die Probennahme ein entscheidender Faktor für den Messerfolg.
Abbildung 1: Prozess der Partikelmessung: Der Artikel beleuchtet die korrekte Probennahme.
Die Notwendigkeit der Probennahme resultiert aus der Diskrepanz zwischen der Grundgesamtheit einer Probe und der für die Laboranalyse benötigte Probenmenge. Im Bereich der statischen Lichtstreuung liegt diese je nach Material und Partikelgröße zwischen 1 mg bis etwa 100 g. Gerade in der chemischen Industrie muss also im Extremfall von einer Spatelspitze an Analysematerial auf die Partikelgrößenverteilung einer Gesamtheit von mehreren Kilogramm bis Tonnen Ausgangsmaterial geschlussfolgert werden. Insbesondere Feststoffproben weisen in der Regel keine homogene Verteilung auf, wodurch Varianzen bei der Analyse entstehen. Dies gilt sowohl hinsichtlich ihrer physikalischen oder chemischen Eigenschaften als auch bezüglich ihrer Partikelgrößenverteilung:
• Zeitliche Veränderungen von Probeneigenschaften: Inhomogene Verteilungen der Probe können sich noch verstärken, wenn bspw. schlechte Lagerbedingungen (schwankende Umgebungsbedingungen und/oder ungenügende Lagerbehälter) zu einem zeitlichen Verändern der Probeneigenschaften führen.
• "Falscher Ort der Probennahme": Die Probe wird meist nur von oben bzw. an gut zugänglichen Stellen entnommen, anstatt das gesamte Probenvolumen zu berücksichtigen. Durch Trägheit, Konvektion oder Auftrieb kann eine Entmischung (Segregation) der Probe stattfinden. So kann beispielsweise durch den Transport von Proben der sogenannte Paranuss-Effekt eintreten: Abhängig von der Dichte, Form, Oberflächenbeschaffenheit, Orientierung und äußeren Einflüssen (z.B. Bewegungsenergie) entstehen kurzzeitig Hohlräume, die von kleinen Partikeln besetzt werden. Da die größeren Partikel diese Hohlräume nicht besetzen können, wandern sie quasi nach oben (Abbildung 2). Auch der inverse Paranuss-Effekt, also das Absetzen der großen Partikel zum Probenboden hin, wird bei geeigneten Parametern beobachtet.
Abbildung 2: Beim Paranuss-Effekt wandern große Partikel aufgrund äußerer Einflüsse nach oben.
Das Ziel der korrekten Probennahme ist die Minimierung der Analysevarianzen. Doch selbst gut durchmischte Proben unterliegen einer statistischen Schwankung. Der Vertrauensbereich, also der Bereich um den Mittelwert, in dem sich der gesuchte wahre Wert mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit befindet, lässt sich nur durch Erhöhen der Anzahl analysierter Teilproben optimieren. Die Größe des statistischen Fehlers der Probennahme hängt dabei im Wesentlichen vom Probenumfang und der Breite der Partikelgrößenverteilung ab. Je weniger Partikel die Probe enthält und je breiter die Partikelgrößenverteilung ist, desto größer kann der Fehler werden. Von daher sollte sich die Anzahl der charakterisierten Teilproben mit steigender Heterogenität der Gesamtprobe erhöhen (Abbildung 3).
Abbildung 3: Abhängigkeiten bei der repräsentativen Probennahme.
Zur Probenteilung sollte zunächst die Menge an Probe ermittelt werden, die für die Analyse gebraucht wird. Die benötigte Probenmenge hängt von der Analysemethode selbst und den analysierenden Partikelmerkmalen ab. Ist die benötigte Probenmenge ermittelt, muss die Laborprobe gründlich durchmischt und solange geteilt werden, bis die für die Analyse benötigte Menge erreicht wird. Häufig eingesetzte Verfahren für die Probenteilung sind das Kegeln und Vierteln, der Einsatz eines Riffelteilers oder die Verwendung eines Rotationskegelprobenteilers (Abbildung 4). Bei sehr großen Probenmengen können alternativ zur Probenteilung auch mehrere Stichproben zufällig verteilt aus dem Gesamtvolumen entnommen und zu einer Analyseprobe zusammengefasst werden. Sowohl bei der Probenteilung als auch bei der Probennahme ist dabei zu beachten, dass keine Partikelklasse überrepräsentiert ist.
Reicht die Probenmenge einer Feststoffprobe nicht für eine Teilung aus, so kann diese in eine Suspension überführt werden, indem sie in einer geeigneten Flüssigkeit dispergiert wird. Dabei muss unbedingt beachtet werden, dass die Mischung weder physikalisch noch chemisch reagiert. Im Anschluss an eine gründliche Durchmischung erfolgt die Probennahme bei homogenen Suspensionen dann mit einer Pipette wenige Zentimeter über dem Gefäßboden. Bei inhomogenen Suspensionen oder schnell sedimentierenden Proben muss die gesamte Suspension analysiert werden, da es sonst zu stark unterschiedlichen Ergebnissen bei verschiedenen Analyseproben kommen kann. Alternativ kann bei Proben mit großen Partikeln oder Agglomeraten eine Paste angerührt werden, bei dem das Aufgabegut zunächst mit wenigen Tropfen des Dispergier-Mediums angeteigt und mit einem Spatel oder Glasstab vorsichtig durchmischt wird. Die Probennahme kann im Anschluss bspw. mit einem Glasfaden erfolgen.
Es sei angemerkt, dass bei stark inhomogenen Proben, welche trotz intensiver Probennahme keine konsistenten Ergebnisse liefern, als letzte Möglichkeit zunächst ein Mittelwert über mehrere Analyseproben erfolgen kann. Werden im zweiten Schritt mehrere solcher „Mittelwertmessungen“ wiederum miteinander verglichen und weichen diese nicht signifikant voneinander ab, so kann das gemittelte Ergebnis als repräsentativ angesehen werden.
Abbildung 4: Kombination aus Vibrationszuteilrinne LABORETTE 24 und Rotationskegelteiler LABORTTE 27 zur Probenteilung (links) und ANALYSETTE 22 NeXT zur Analyse der Partikelgrößenverteilung mittels statischer Lichtstreuung (rechts).
Der vorliegende Artikel zeigt die Notwendigkeit einer vernünftigen Probennahme für repräsentative, reproduzierbare Analytik-Ergebnisse. Für Methoden wie die statische Lichtstreuung, bei der eine geringe Menge an Probenmaterial für die Analytik ausreicht, ist die Probennahme ein entscheiden-der Analyseschritt, um vergleichbare und vertrauenswürdige Resultate zu generieren. Dabei ist es für die Beurteilung einer Messung wichtig, den exakten Prozess der Probennahme zu beschreiben, um die Qualität der Messung einschätzen zu können. Es bleibt zwar anzumerken, dass auch die beste Probennahme nur eine statistische Sicherheit für das „wahre“ Ergebnis liefert, dennoch kann sich durch versierte Probennahme dem wahren Ergebnis stärker angenähert und die Reliabilität enorm erhöht werden.